Multiple Sklerose (MS) ist als „Krankheit mit 1.000 Gesichtern“ bekannt. Am 30. Mai war Welt-MS-Tag und aus diesem Anlass interviewten wir einen Experten der Christophorus Kliniken zu allgemeinen und aktuellen Fragen rund um diese Erkrankung: Dr. Chris Meyer, auf MS spezialisierter leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie.
Dr. Meyer, zunächst einige grundsätzliche Fragen: Was genau ist MS?
Dr. Meyer: Multiple Sklerose (MS) ist die häufigste chronisch entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Durch eine Fehlleitung des Immunsystems kommt es zu einer Schädigung und einer anschließenden Vernarbung des Nervengewebes von Gehirn und Rückenmark.
Welche Symptome zeigen sich?
Dr. Meyer: Die Symptome der MS können sehr verschieden sein – unter anderem können Gefühlsstörungen, Lähmungen und Sehstörungen auftreten. Erwähnt werden müssen auch Blasenfunktionsstörungen und Erschöpfungssymptome, da sie die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen können.
Welche Therapie gibt es?
Dr. Meyer: Die eine Therapie gibt es bisher nicht – bis eine kurative Therapie erhältlich ist, wird noch einige Zeit vergehen. Bis dahin hilft eine an die Patient:innen angepasste Immuntherapie, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen. Inzwischen gibt eine zunehmende Behandlungsvielfalt, die Schübe verhindern soll und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen kann. Zum Beispiel subkutane Injektionen, orale Therapieformen, aber auch Therapien mit speziellen Antikörpern, die intravenös oder subkutan verabreicht werden.
Gibt es noch weitere Möglichkeiten, die Erkrankung positiv zu beeinflussen?
Dr. Meyer: Grundsätzlich sollten die Patient:innen auch bezüglich ihrer Lebensführung beraten werden. Neben einer gesunden Ernährung mit ungesättigten Fettsäuren sollten ein zu hoher Kochsalzkonsum und ein Vitamin D-Mangel vermieden werden. Zudem ist Rauchen ein nicht unerheblicher Risikofaktor, den Erkrankungsverlauf negativ zu beeinflussen.
Gibt es Besonderheiten während der Corona-Pandemie?
Dr. Meyer: Die Immuntherapie wurde und wird auch während der Corona-Pandemie fortgesetzt, erfordert aber eine noch engmaschigere Überwachung der Patient:innen. COVID-Impfungen sollten zeitig an die MS-Therapie angepasst und ggf. der Impferfolg kontrolliert werden.
An wen können sich Personen, die bei sich den Verdacht auf MS haben, wenden?
Dr. Meyer: Sie sollten sich zunächst an ihre Hausärztin bzw. ihren Hausarzt wenden. Der wird sie ggf. an spezialisierte Neurolog:innen weiterleiten. Bei Bedarf erfolgt dann auf deren Zuweisung die Behandlung stationär in der Klinik für Neurologie in Dülmen oder ambulant in unserer MS-Ambulanz.
Dr. Meyer, vielen Dank für das Gespräch!
Dr. Chris Meyer ist seit März 2022 Leitender Oberarzt der Klinik für Neurologie am Standort Dülmen. Er ist Facharzt für Neurologie, hat die Zusatzbezeichnung Intensivmedizin sowie das DGKN-Zertifikat und die Ausbildungsberechtigung für Elektromyographie und Elektroneurographie. Die Klinik für Neurologie ist von der Deutschen MS Gesellschaft als Schwerpunktzentrum anerkannt. Ein multiprofessionelles Team – bestehend aus Fachärzt:innen, einer Neuropsychologin, Ergo-, Logo- sowie Physiotherapeut:innen und einer speziell geschulten Pflegekraft (MS-Nurse) – kümmert sich hier gemeinsam um die Patient:innen.